A Leb'm

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Beate

Mia die Feder > As Lebm im Krieg

Tante bekommt ihr Kind ihre Beate Maria

Tante wird schon ziemlich dick. Der Geburtstermin, der im Mai sein soll, rückt immer näher. Tag für Tag vergeht im Mai, ohne dass sich das Kind einstellt. Der Termin Ist schon einige Tage überschritten.
"Das wird bestimmt ein Mädchen, denn die machen sich vor dem Kommen schön" meint eine Nachbarin. Mutti verbringt schon seit einigen  Wochen die Nächte bei ihrer Schwester.
Endlich in der Nacht vom 20. auf den 21. Mai merkt Tante ein Ziehen im Bauch. Mutti wird aufgeweckt. Diese meint zwar, dass es schon noch dauern wird. Aber trotzdem richten sie vorsorglich alles her, was bei einer Hausgeburt erforderlich ist.
Am frühen Vormittag geht  Mutti zur "Händlen". Frau Händl ist die Hebamme im Dorf und hat in den letzten vierzig Jahren so ziemlich allen Lentinger Kindern geholfen, gesund ins Leben zu starten.
Die Hebamme nimmt ihr immer bereit stehendes Köfferchen und macht sich auf den Weg ins Friedrich Haus zu Tante.
Tante wird untersucht. Die Händlen meint, es wird schon noch einige Stunden dauern. Sie will noch bei einer Bäuerin vorbei schauen, die gestern ein Kind bekommen hat.

"Kommen Sie ja nicht zu spät zu mir."
"Brauchst keine Angst zu haben, ich bin rechtzeitig bei dir."

Natürlich schaut Mutti auch schnell bei der Mama vorbei und gibt ihr Bescheid. Die nächsten Stunden verlaufen für Tante sehr schmerzhaft. Die Abstände der Wehen werden immer kürzer. Ihr bleibt fast keine Luft  mehr zum Atmen. Mutti weicht nicht von der Seite ihrer Schwester, führt sie hin und her, wischt ihr den Schweiß von der Stirn und beruhigt sie. In der Küche hat sie den Ofen schon angeheizt und in einem Kessel ist heißes Wasser bereit.
Alles ist bestens vorbereitet. Gegen Mittag kommt die Hebamme auch zurück. Tante ist sehr tapfer und jammert nicht viel. Nun geht es aber Schlag auf Schlag. Die Fruchtblase platzt und kündigt die nahe Geburt an. Mit geübten Griffen und beruhigender Stimme ist die Händlen an ihrer Seite. Gerade denkt Tante, dass sie die Schmerzen nicht mehr aushalten kann und das sie jetzt vielleicht sterben muss, als sie zum " fest pressen"  aufgefordert wird.
Gleich darauf rutscht das Kind, begleitet von einem schmerzhaften Aufschrei aus dem Becken der Mutter in die Hände der Hebamme.
Von der bekommt es einen Klaps auf den Hintern und tut den ersten kräftigen Schrei.

"A gesunds, schönes Maderl hast", meint die Hebamme. Schnell und gekonnt versorgt sie Mutter und Kind. Bald liegen beide glücklich und zufrieden in ihren Betten, das heißt das Baby in meinem Stubenwagen.
Mutti ist der Hebamme auch geschickt zur Hand gegangen; die Händlen lobt sie.
Nun macht sich die Hebamme noch alle notwendigen Notizen, Uhrzeit der Geburt, Größe und Gewicht des Kindes und natürlich wie es heißen soll.

"Beate Maria"

Die Hebamme zuckt etwas zusammen. "Beate, des is aba koa katholischer Nama."  (Beate ist aber kein katholischer Name).
"Na, drum kummt ja no "Maria" dazua." (Nein, darum kommt auch noch Maria dazu.)

Das hat die Händlen überzeugt. Die Taufpatin ist natürlich Mutti.
Aber im Moment ist erst mal ein wenig Ruhe und Erholung angesagt.
Zu hause macht sich Mama gerade auf den Weg zu ihrer Tochter. Sie will schauen, wie weit alles ist. Sie setzt mich in den Sportwagen und fährt los.

"Der Storch bringt deiner Tante heute ein Kind", erzählt sie mir. Da bin ich aber neugierig.
"Außerdem hat Papa heute auch Geburtstag. Er wird vierunddreißig Jahre alt."
Wir kommen gerade an, als die Hebamme das Haus verlässt.
"A gsunds, schönes Maderl hat dei Maria"

Mir stinkt bereits alles und ich fange das Schreien an. Ich will meine Cousine schon nicht mehr sehen! Als Mama dann aber einen strafenden, nichts Gutes verheißenden Blick auf mich richtet, gebe ich notgedrungen meine Abwehr auf. Es ist doch auch wahr!
Da schmeichelt sich meine Cousine schon gleich bei meinem Papa ein und kommt an seinem Geburtstag auf die Welt.

Auch sonst hat sie mir gegenüber nur Vorteile:

Sie: gesund und schön
Ich: krankes kümmerliches  Würstchen.

Sie: Von ihren Eltern mit Freude erwartet
Ich: niemand legte Wert auf mich.

Sie: eheliches Kind        
Ich: unehelich.

Sie: schöne braune Haare
Ich: gelbroter Flaum.

Sie: schon jetzt hüpfen alle um sie rum
Ich: mit dem Stubenwagen in die Ecke getellt.

Sie: bekommt Muttermilch   
Ich: Maizenabrei.

Sie: bekommt einen schönen Namen
Ich: die ewige Wiederholung von Maria.


Nun könnte ich meine Aufzählung noch fortsetzen, aber genug jetzt!
Nur ein  Sonntagskind ist auch sie nicht geworden. Als sich alle begrüßt haben, holt mich Mama, hebt mich in die Höhe und  lässt mich in den Stubenwagen schauen. Jetzt bin ich aber doch neugierig!
Ein ganz süßes, liebes  Baby blickt mir entgegen und ich weiß, trotz aller Unterschiede wir zwei werden uns gut verstehen! Und plötzlich freue ich mich und das wie!! Natürlich wird dem frischen Vater sofort ein Telegramm geschickt.


Die Taufe

Drei Tage später trägt  meine stolze Mutti ihre Nichte zur Taufe.  Auch Mama ist dabei.
Eine Kirchenglocke läutet. Neugierige Dorfbewohner und Kinder kommen heran und wollen einen Blick auf das Kind werfen. Einige haben Zeit. Sie folgen mit in die Kirche um Gottes Segen für das  Kind zu erflehen.
Mutti hat sich extra hübsch hergerichtet.
Doch als sie das geöffnete Kirchenportal durchschreiten will, bleibt sie mit dem Schuh an der schmalen Eisenleiste des Eingangs hängen und fliegt mehr oder weniger in die Kirche hinein. Mama, die gleich hinter ihr ist, fängt sie geistesgegenwärtig ab und verhindert so den Sturz.
Na, ihr Taufkind kann wohl nicht schnell genug in der Kirchengemeinde aufgenommen werden. Vielleicht wird Beate Maria einmal eine besonders fromme Katholikin?.
Die Befreiung von der Erbsünde ist schnell vorbei. Das Taufkind erträgt alles ohne Weinen und schaut nur neugierig in die Runde.
Mama lädt anschließend zu Kaffee und Kuchen ein. Sogar Frau Händl lässt sich zu einer kurzen Kaffeepause überreden. Tante hat sich schon gut erholt. Alles ist mal wieder in bester Ordnung. Ein schöner Tag neigt sich dem Ende zu.

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